Die Schoggigipfeli rattern übers Förderband, in den Öfen drehen sich die Nussschnecken. Fredy Hiestand macht die Runde, begrüsst hier eine Angestellte, die frische Brötchen mit Körnern bestreut, dort einen Angestellten, der den Boden wischt. Er ist mit allen per Du – aber nicht so, wie in manchen Firmen, in denen das Du gezwungen wirkt. Fredy, wie ihn alle nennen, ist da anders. Er kennt alle Mitarbeiter persönlich, kümmert sich um ihre Befindlichkeit.
Herr Hiestand, Sie sind 78 und stehen mindestens dreimal pro Woche in der Backstube. Warum tun Sie sich das an?
Ich will geistig fit sein und noch etwas machen können. Wenn ich die Zeit nur im Bett verbringen müsste, würde ich Exit zu Hilfe holen. Die meisten Menschen haben nach 80 keine Ziele mehr. Ich finde, es gibt kein Alter, in dem man nicht noch ein Ziel haben darf.
Sie haben praktisch Ihr Leben lang als Bäckereiunternehmer gearbeitet. Hat es Sie gelüstet, was ganz anderes zu machen?
Eigentlich nicht. Es ist eine Leidenschaft und auch ein Hobby von mir. Ich finde es etwas Wunderbares, wenn man den Menschen etwas bieten kann, das gesund ist. Mich fasziniert das Kreative, die Weiterentwicklung. Ich will immer wieder etwas Neues probieren.
Aber warum Brot?
Weil ich das am besten kann. Ich habe meinen Kindern immer wieder ans Herz gelegt: Macht nicht zu viel Verschiedenes, macht das, was ihr macht, richtig und mit Begeisterung. Nach dieser Devise lebe ich selber auch.
Ist es Zufall, dass Sie Bäcker wurden?
Ich habe schon als Sechsjähriger, zusammen mit meiner Mutter, Brot gebacken. In unserem Dorf gab es einen Dorfofen, der mit Holz gefeuert wurde. Man musste den jeweils vorher reservieren. Einmal in der Woche ging unsere Familie dorthin.
Später haben Sie das Bäckereigeschäft in der Schweiz revolutioniert, immer wieder zum richtigen Zeitpunkt Neues erfunden: das erste tiefgekühlte Fertigbackbrötchen, dann das Frischback-Gipfeli für Tankstellen, den Laugengipfel und den Schoggigipfel. Was kommt als Nächstes?
Worauf ich ein bisschen stolz bin: Wir haben einen veganen Gipfel lanciert, also ohne Eier, Milch und Butter, dafür mit selbst gemachtem Mandelsaft und Margarine. Der Gipfel ist so gut, dass man gar nicht merkt, dass er vegan ist. Er verkauft sich gut, vor allem in Hotels und Restaurants im Raum Zürich.
Befürchten Sie nicht, dass Sie einer Modewelle aufsitzen, die in ein paar Jahren wieder vorbei ist?
Nein, der Vegantrend geht tiefer. Auch mit der Bewegung Fridays for Future. Wir essen zu viel Fleisch. Nur schon wegen unserer Gesundheit sollten wir das reduzieren.